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Mietrecht aktuell Wenn der Bau stehen bleibt: Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer

Jeder Wohnungseigentümer hat grundsätzlich das Recht, von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer die erstmalige Errichtung des Gemeinschaftseigentums zu verlangen. Doch was passiert, wenn der Bau eines Gebäudes ins Stocken gerät und nicht fertiggestellt wird? Ein aktuelles Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 20. Dezember 2024 beleuchtet diese Thematik und gibt wichtige Hinweise für betroffene Wohnungseigentümer.

Im zugrunde liegenden Fall war die Klägerin Mitglied einer Wohnungseigentümergemeinschaft, die 2013 gegründet wurde. Auf dem Grundstück sollte ein Wohn- und Geschäftshaus mit elf Einheiten errichtet werden. Die Wohnungseigentümer hatten hierfür Werkverträge mit einer Generalbauunternehmerin abgeschlossen. Doch bereits während der Abrissarbeiten an der alten Immobilie kam das Bauvorhaben zum Stillstand. Die Generalbauunternehmerin meldete Insolvenz an, und die übrigen Wohnungseigentümer machten Ansprüche aus den Werkverträgen geltend. Die Klägerin verlangte jedoch, dass die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer die Anlage errichtet. In einer Eigentümerversammlung wurden ihre Anträge auf Einholung von Angeboten für die restlichen Arbeiten und die Erhebung einer Sonderumlage abgelehnt.

Das Amtsgericht wies die Klage der Klägerin ab, jedoch gab das Landgericht ihrer Berufung teilweise statt und ersetzte den Beschluss der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, dass ein Sachverständigengutachten zu den voraussichtlichen Kosten für den Abriss und die Errichtung des Gemeinschaftseigentums eingeholt werden solle. Die beklagte Gemeinschaft der Wohnungseigentümer legte Revision ein.

Der BGH stellte klar, dass jeder Wohnungseigentümer grundsätzlich das Recht hat, die erstmalige Errichtung des Gemeinschaftseigentums zu verlangen. Dieser Anspruch kann jedoch durch den Grundsatz von Treu und Glauben begrenzt werden, wenn seine Erfüllung den übrigen Wohnungseigentümern unzumutbar ist. Das bedeutet, dass das Gericht im Einzelfall prüfen muss, ob die Fertigstellung des Baus für die anderen Eigentümer zumutbar ist.

Dabei sind verschiedene Kriterien zu berücksichtigen, wie der Fertigstellungsgrad des Bauvorhabens und die Höhe der noch zu tätigenden Investitionen. Auch Kostensteigerungen, die über 50 Prozent des ursprünglich Kalkulierten hinausgehen, können regelmäßig für eine Unzumutbarkeit der Ersterrichtung sprechen. Zudem spielt die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Wohnungseigentümer eine Rolle, ebenso wie mögliche Ersatzansprüche Dritter.

Das Berufungsgericht wurde angewiesen, weitere Feststellungen zu treffen und die Unzumutbarkeit der Ersterrichtung im Rahmen einer Gesamtabwägung zu prüfen. Dabei sind auch die wirtschaftlichen und rechtlichen Verhältnisse der beteiligten Parteien zu berücksichtigen.

Das Urteil des BGH zeigt, dass der Anspruch auf erstmalige Errichtung des Gemeinschaftseigentums zwar grundsätzlich besteht, jedoch durch den Grundsatz von Treu und Glauben eingeschränkt werden kann. Für betroffene Wohnungseigentümer bedeutet dies, dass sie ihre Ansprüche sorgfältig prüfen und gegebenenfalls rechtliche Beratung in Anspruch nehmen sollten, um ihre Rechte durchzusetzen.

Bundesgerichtshof Urteil vom 20. Dezember 2024 Aktenzeichen: V ZR 243/23

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