Verkehrsrecht aktuell Verkehrsunfall auf dem Fußgängerüberweg – Wer haftet?
Das OLG Celle musste sich in seinem Urteil vom 11.10.2023 – 14 U 157/22 mit einem Verkehrsunfall auf einem Fußgängerüberweg befassen.
Der Beklagte befuhr eine Straße in seinem PKW. Er näherte sich einem Fußgängerüberweg. Plötzlich und für den Fahrer des PKW unerwartet, fuhr ein von rechts kommender junger Mann, auf einem Fahrrad, über den Fußgängerüberweg und es kam zur Kollision zwischen den beiden. Der Fahrradfahrer erhob Klage. Gestritten wurde darüber, wer die Schuld am Unfall trägt und wie die Haftung verteilt ist.
Nach der Beweisaufnahme ging das OLG Celle davon aus, dass dem Fahrer des PKW kein schuldhafter Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung (StVO) gemacht werden kann. Der Fahrradfahrer hingegen hat gegen § 10 StVO verstoßen, indem er einfach so auf die Straße gefahren ist. Wenn man aus dem ruhenden Verkehr, also dem Gehweg, in den fließenden Verkehr, also die Straße, fahren möchte, muss man sich vorher vergewissern, dass man dabei den Verkehrsfluss nicht stört. Das ist hier nicht passiert. Daran ändert auch der Fußgängerüberweg nichts, da dieser nur Fußgängern ein Vorrangrecht gibt. Radfahrer, die nicht vorher abgestiegen sind, sind nicht besonders geschützt durch den Fußgängerstreifen.
Im Ergebnis kommt das OLG Celle zur einer Haftungsverteilung von 1/3 zu 2/3 zulasten des Fahrradfahrers. Es gibt dem Autofahrer demnach eine Mitschuld in Höhe von 1/3. Dieses Ergebnis kann zunächst verwundern. Der Grund für diese Mitschuld liegt in der Betriebsgefahr, die von einem Auto ausgeht. Das Gesetz geht davon aus, dass ein PKW grundsätzlich eine Gefahr darstellt, sodass man grundsätzlich an jedem Unfall, der passiert eine Mitschuld hat, wenn man sich dazu entscheidet, einen PKW zu nutzen. Eine Ausnahme von dieser Regel wird nur gemacht, wenn nachgewiesen werden kann, dass der Fahrer des PKW sich wie ein sogenannter „Idealfahrer“ verhalten hat. Dieser Nachweis ist der Beklagtenseite in diesem Verfahren nicht gelungen.
OLG Celle, Urt. v. 11.10.2023 – 14 U 157/22